Freitag, 12. Juli 2019

12. Zusammenfassung und Rückblick


Als wir vor 3 Wochen in Tallinn starteten, waren wir sehr gespannt auf die Länder des Baltikums. Wenn wir heute in Vilnius auf die Reise zurückblicken, stellen wir trotz guter Reisevorbereitung erneut fest: „Es ist immer anders, als man es vom Lesen und vom Hörensagen kennt“. Obwohl wir wussten, dass die Länder Estland, Lettland und Litauen aus grossen Waldflächen bestehen, stellten wir uns die Wälder anders vor. Wir trafen vorwiegend Wirtschaftswälder, Monokulturen gleicher Arten und gleichen Alters, welche mit Grossmaschinen bearbeitet werden. Die Landwirtschaft in den nördlichen Ländern hat eher wenig Bedeutung, in Litauen hingegen wird grossflächig Getreideanbau und Graswirtschaft betrieben. Wo eine Gegend mit Nationalpark beschriftet wird, heisst das noch lange nicht, dass es sich um ein Naturreservat im engeren Sinn handelt. Dörfer darin unterscheiden sich kaum von anderen Ortschaften, der Tourismus hat jedoch eine grössere Bedeutung. Unterschiede zwischen Stadt und Land sind überall bereits an den Gebäuden erkennbar. Estland erscheint sehr skandinavisch und ist offensichtlich in der EU sehr gut integriert. In Lettland und Litauen sind die russischen und polnischen Einflüsse spürbarer. Dies gilt dort auch für die Rolle der Kirchen.
 
 
Die heimische Tier- und Pflanzenwelt kann man in Küstennähe am besten kennenlernen. Nebst vielen Vogelarten sahen wir mehrere Füchse, doch Elche fanden wir nur auf den Verkehrsschildern. Die Flora der Dünen ist sehr angepasst an die extremen Verhältnisse. So fanden wir Berg-Sandglöcklein (Jasione montana), Dünenveilchen (Viola littoralis) und Baltisches Leinkraut (Linaria loeselii). Der Strandhafer (Ammophila arenaria) dominiert die Dünen. Er ist auf regelmässige Übersandung angewiesen, da der angewehte Sand durch Niederschläge entsalzen wird.
 
Überall sind die Internetverbindungen super. Bargeld ist viel weniger im Umlauf als in der Schweiz. Dank Englisch lassen sich auch die verschiedenen Sprachen gut umgehen. Man versteht sich immer. Die Leute sind hilfsbereit und freundlich. Wir fühlten uns überall sehr sicher. Von Kriminalität haben wir nichts gespürt. Auch die Küche stimmte durchs Band. Und bei den tiefen Preisen konnte man auch bei den besten Speisekarten durchaus schlemmen.
 
 
 
 
 
Auch wenn die Temperaturen zwischen 14 und 19 °C im Juni und Juli ungewöhnlich tief waren und uns immer wieder Regengüsse erwischt haben, waren die klimatischen Bedingungen zum Reisen meist angenehm. Wir haben sehr schöne und bereichernde Ferien erlebt. Das Baltikum als Ziel zu wählen war ein sehr guter Entscheid. Und in Gediminas Turm von Vilnius befanden wir uns gar wie zu Hause im Tellmuseum im Wattigwilerturm zu Bürglen.

Dienstag, 9. Juli 2019

11. Vilnius, das Rom des Nordens

Wir geben unseren Mietwagen, welchen wir in Tallinn gefasst haben, am Flughafen in Vilnius schadenfrei zurück. Nun geht’s per Taxi in die Hauptstadt Litauens, auf welche wir sehr gespannt sind. Das UNESCO – Weltkulturerbe gilt als „das Rom des Nordens“. Tatsächlich sind wir überwältigt von der Vielfalt verschiedener Baustile (Barock, Klassizismus, Romanisch, Moderne). Viele Gässchen wurden herausgeputzt und ganze Strassenzüge renoviert. Die vielen Touristen danken es! 
 
 
 
 
 
 
 
An allen Ecken stehen Kirchen, Kathedralen und Basiliken. Die Plätze vor den Gotteshäusern und vor den Rathäusern sind sehr grosszügig vermessen. So gesehen ist der Vergleich mit Rom gar nicht so daneben. Am eindrücklichsten ist der grosse Kathedralenplatz mit dem frei stehenden Glockenturm. Die Kathedrale erinnert an die Madelène in Paris.
 
 
 
 
 
 
 
Das Strassenbild zeigt sich sehr lebendig und vielfältig. Entsprechend kann man auch immer wieder lustige Statuen und künstlerische Menschen finden.
 
 
Ebenfalls auf Schritt und Tritt wird man mit der Geschichte der Juden konfrontiert. Sie wurden wie anderswo immer wieder verfolgt, konnten in Vilnius aber über Jahrhunderte auch ihrem Glauben und ihren Geschäften nachgehen. Litauische Nationalisten und schliesslich die Deutschen Nazis haben im zweiten Weltkrieg eine Judengemeinschaft von 50‘000 Menschen umgebracht. Rund 100 von ihnen überlebten nach der Flucht durch die Kanalisation aus dem Getto und schlossen sich den weissrussischen Partisanen an.
 
 
 
 
Die Geschichte der Stadt Vilnius wird auch im Nationalmuseum und auf dem Burgberg lebendig dokumentiert. Der Turm des Gediminas thront vom Hügel der oberen Burg über der Stadt. Ein Lift führt nach oben zum Museum. Von hier hat man einen schönen Rundblick über den litauischen Hauptort an den Flüssen Neris und Vilnia. Vitautas der Grosse steht immer noch heroisch auf seinem Heimwesen.

 
 

Es gibt jedoch nicht nur Glanzvolles in Vilnius. So stinken da und dort Toi Toi WC’s oder Kehrichtcontainer am Strassenrand. Fassaden zeigen ihr vorsowjetisches Gesicht. Während die Zahl der Bettler gering ist, zeigt sich die Armut an den Marktständen am Strassenrand oft ungeschminkt. Generell ist die Stadt jedoch sehr sauber, die Leute sind meist modisch angezogen und die Vielzahl der gehobenen Automarken überrascht uns. Mietvelos und Elektrische Trottinettes sind überall im Einsatz.
 
 
 
 
 
 
Mit einem Taxi fahren wir in den westlichen Randbereich von Vilnius. Das Holocaust-Museum erzählt eindrücklich von den furchtbaren Pogromen gegen die ansässigen und hierher geflohenen Juden. Die Rückwanderung durch die breite Gedimino Strasse führt an vielen ehrwürdigen Handelshäusern und renovierten Prunkbauten vorbei. Schliesslich erreichen wir die Totoriu Strasse, welche grossenteils als Fussgängerzone fungiert. Die Dominikaner Kirche erscheint von weitem im besten Glanz. Von Nahem gesehen bröckelt allerdings einiges. Am Rathausplatz suchen wir unsere „Stammbeiz“ auf. Hier kann man nicht nur gut essen, sondern auch unterschiedlichste Menschen beobachten und für sich heimlich eine Einschätzung vornehmen, welche man höchstens mit dem Ehepartner teilt.